kreHtive Diversity & Inclusion?
In den nächsten Jahren werden wir als kreHtiv Netzwerk unsere Aktivitäten im Themenfeld Diversity & Inclusion deutlich ausweiten. Die Worte sind als Buzzwords in aller Munde. Warum kreHtiv sich diesem Thema jetzt vermehrt annimmt und warum mehr dahintersteckt als lediglich ein Aufspringen auf einen Trend oder großer Idealismus erklärt Lukas in unserem neuen Magazinbeitrag.
Wir sind überzeugt davon, dass es schon immer Vielfalt in der Gesellschaft gab. Diese auch in die Arbeitswelt zu integrieren, zu feiern und ihre Potentiale zu nutzen, ist jedoch mindestens in der deutschen Diskussion noch verhältnismäßig jung. Die Förderung von Frauen beispielsweise ist in Organisationen seit einigen Jahrzehnten fest verankert und konnte dort große und kleine Gewinne erzielen. Ein ganzheitliches Bild von Diversity ist bisher in den wenigsten Organisationen schon gelebte Realität (German Diversity Monitor 2021).
Vielfalt als Wirtschaftssektor
Dabei ist die Argumentationsweise theoretisch einfach: Studien zeigen immer wieder, dass diverse Teams erfolgreicher sind. Das Einbeziehen unterschiedlichster Perspektiven macht es Unternehmen einfacher, auf komplexe Fragestellungen, vor denen sie durch multiple Krisen immer häufiger stehen, die richtigen Antworten zu finden. Sie gelten als innovativer und resilienter. Und nicht zuletzt wird Diversität immer mehr zu einer Entscheidungsgrundlage: Eine diverse Organisation, die dies authentisch nach außen tragen kann, steigert ihre Reputation merklich. Sei es für Kund*innen, im War of Talents oder in der Zusammenarbeit mit global agierenden Organisationen. Umso erstaunlicher scheint es, dass dies durch die deutsche Wirtschaft nicht so stark verfolgt wird, wie es sollte. Laut einer Studie von McKinsey aus 2023 entgeht der deutschen Wirtschaft jährlich 100 Milliarden Euro aufgrund fehlender „kultureller Vielfalt“.
Ob man dieser Argumentation folgen möchte oder ihre Fokussierung auf den „wirtschaftlichen Wert“ von Menschen hinterfragt, zeigt sie doch eines: Die Diskussion um Diversity & Inclusion wird so schnell nicht mehr verschwinden. Das sollte auch genauso sein. Diversity & Inclusion sind zentrale Werte, die gesellschaftlich verankert werden müssen. Wir sehen unsere Rolle neben einem wirtschaftlichen Auftrag auch in dem, gesellschaftlichen Fortschritt mitzugestalten. Wir glauben fest daran, dass Aktivitäten in diesem Bereich die Diskussion um Deutschland als vielfältige Gesellschaft mitprägen können.
Diversity & Inclusion _ Vokabeln lernen für eine bessere Welt.
Ein möglicher Grund für die bisher eher verhaltene Umsetzung wirklicher Maßnahmen die Diversity und Inclusion fördern, könnte die „Schwammigkeit“ der verwendeten Begriffe sein. Studien zeigen, dass in großen Unternehmen das Bewusstsein für die Bedeutung kultureller Vielfalt im Management um 40 Prozentpunkte stärker ausgeprägt als in der Gesamtbelegschaft. Von einem allgemein anerkannten Verständnis sind wir demnach gesamtgesellschaftlich vermutlich noch ein ganzes Stück entfernt.
Teaminterne Workshops zu dem Thema zeigen schon bei uns, dass hier Perspektiven und die Punkte, die besonders wichtig erscheinen, teilweise auseinander gehen. Das gemeinsame Engagement, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen ist, ist dabei schon als Voraussetzung vorhanden.
Bild, Unterschrift: Auch im Team nehmen wir uns die nötige Zeit, ein gemeinsames Verständnis der entscheidenden Begriffe und Konzept zu erarbeiten.
Um diesen Beitrag an dieser Stelle nicht zu überfrachten, soll hier auf den vielzitierten Satz der amerikanischen Autorin Verna Myers verwiesen werden, der sich bei uns eingeprägt hat: „Diversity ist die Einladung zur Party. Inclusion ist die Aufforderung zu Tanzen“. Wir haben uns bewusst für die Nutzung der englischen Konzepte für unsere Arbeit entschieden. Die Unterschiede zu deutschen Begriffen (insbesondere der Inklusion, die vor allem die Dimension körperliche und geistige Fähigkeit beinhaltet) sind zu groß. Wir verstehen Diversity nicht allein in der Unterteilung von Menschen in verschiedene Kategorien (wie Alter, Geschlecht und weitere), sondern im Zusammenspiel einer Vielzahl individueller Prägungen auf unterschiedlichen Ebenen, die jede*n von uns zu dem machen, was wir sind. Im Zuge unserer weiteren Bearbeitung werden wir die Konzepte für uns weiter ausarbeiten und für unsere Projekte nutzbar machen. Wer sich an dieser Stelle bereits weiter mit dem Thema beschäftigen möchte, kann dafür beispielsweise bei der Charta der Vielfalt fündig werden.
Und warum jetzt auch noch kreHtiv?
Trotzdem steht die Frage im Raum, warum wir als kreHtiv Netzwerk dieses Thema jetzt in den Vordergrund unserer Aktivitäten aufnehmen. Schließlich gibt es eine Vielzahl an Aktivistinnen, Trainerinnen und Antidiskriminierungsexpertinnen, die seit Jahren die Arbeit leisten, diese Themen in Organisationen zu bringen. Ohne die Arbeit dieser Menschen kleinreden zu wollen, sind wir überzeugt davon, dass die Perspektiven und Methoden der Kreativen die Vermittlung eines ganzheitlichen Ansatzes von Diversity & Inclusion auf neuartige Weise ermöglichen. Auch wenn Diversity Management Trainings durchaus ihre Berechtigung haben, scheint die Umsetzung in Unternehmen nur begrenzt stattzufinden. Zu groß, zu komplex, zu vielschichtig sind die Themen, die die Lebensrealität von Menschen in den Mittelpunkt stellt, die vielen auf den ersten Blick vielleicht als fremd erscheinen. In unseren Projekten legen wir seit Jahren vermehrt Wert auf Kollaboration und den Einbezug unterschiedlichster (kreativer) Perspektiven. In unserer Erfahrung ist insbesondere die Schaffung von Empathie eine große Stärke von Formaten mit Kreativexpertinnen. Sie schaffen es Impulse zu schaffen, sodass Menschen Ideen äußern, ausprobieren und erleben können und echte Veränderungen bei ihnen angestoßen werden, die sie noch lang mitnehmen. In der strategischen, theoretisch basierten Bearbeitung von Diversity & Inclusion sehen wir damit eine echte Möglichkeit, das Leben von Vielfalt in Organisationen zu bringen. Als kreHtiv verstehen wir uns als Rahmengeber*innen solcher Prozesse, bei uns findet dies unter dem Begriff Cross-Innovation statt.
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Unterschrift: In unseren Cross-Innovation- Formaten bringen wir Kreative mit anderen Branche zusammen.
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Unterschrift: Dabei entstehen in kreativer Atmosphäre ganz neuartige Ideen.
Zukunftsbranche Kreativ?
Immer wieder wird festgestellt, dass Trends und Arbeitsweisen aus der Kreativbranche entscheidende Impulse für andere Branchen setzen. New Work-Ansätze sind hierfür ein oft zitiertes Beispiel. Auch im Themenfeld Diversity & Inclusion könnte die Kreativbranche eine Vorreiterrolle einnehmen. Man bedenke beispielsweise die immer diverser aufgestellten Film- und Fernsehproduktionen, die in den letzten Jahren von vielen Streaminganbietern geschaffen wurden oder auch die Möglichkeiten der Repräsentation marginalisierter Menschen in Social Media.
Gerade die Kommunikationsbranche hat erkannt, dass die Darstellung von Vielfalt ein Unternehmen auch nach außen hin weltoffen und progressiv wirken lässt. Doch hier ist auch nicht alles Gold, das glänzt. Während sich im Pride-Month Unternehmen plötzlich mit Regenbogenflaggen schmücken und die Werbung mehr nicht-weiße Gesichter zeigt, kommt immer wieder (berechtigte) Kritik an der bloßen Zurschaustellung von Diversity auf. Pink- oder Rainbowwashing sind mittlerweile bekannte Begriffe. Nur wenn Vielfalt auch überall im Organisationsalltag gelebt wird, kann die Kommunikation darum authentisch sein. Eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Kommunikation und Diversity & Inclusion bietet Professorin Annika Schach von der Hochschule Hannover in ihrem Buch. Gleichzeitig ist auch die Kultur- und Kreativwirtschaft nicht frei von diskriminierenden Strukturen. Der Sammelband „Racialised Faces in Creative Spaces“, der aus einem Creative Lab des Kompetenzzentrums des Bundes entstanden ist, zeigt dies eindrucksvoll.
Unterschrift: Auch wir machen uns auf den Weg, unsere Position und Verhaltensweisen zu reflektieren und, wo nötig, anzupassen.
Dies lässt uns auch unsere Position als kreHtiv Netzwerk reflektieren: Wir versuchen seit Jahren unsere Angebote und Projekte so kollaborativ und „inklusiv“ wie möglich zu gestalten. Aber auch wir können nicht garantieren, dass wir unsere Aktivitäten immer bewusst an Fragen der Vielfalt messen können. Auch bei uns gibt es blinde Flecken und offene Fragen, die wir angehen müssen, um ein echtes Angebot für alle zu schaffen. Wir sind als Geschäftsstelle aktuell auch dabei, diesen Weg zu beschreiten. Die Formulierung eines Code of Conducts ist dabei ein Schritt in diese Richtung. Gemeinsam im Team möchten wir unsere eigenen Verhaltensweisen reflektieren und unser Handeln zukünftig noch diskriminierungssensibler, wertschätzender und offener gestalten. Das ist ein langer Prozess und wir stehen hier noch ganz am Anfang. Wir sind aber überzeugt, dass unsere Arbeit dadurch deutlich besser wird. Wenn du Lust hast, uns auf diesem Weg zu begleiten, sprich uns gerne an.
(Dieser Beitrag versteht sich als Auftakt für eine längere Beschäftigung mit dem Thema. In den kommenden Monaten werden wir unseren Prozess auch weiterhin transparent begleiten.)